Es begann mit der Fluthilfe und ist längst viel mehr. Seit Anfang des Jahres bietet die Caritas Ennepe-Ruhr auf dem Gelände des „Freizeitdomizil Ruhrtal“ in einem sogenannten Tiny House einen Ort für Sozialberatung, Begegnung und Vernet-zung. Rund hundert Menschen im Alter zwischen sieben und 86 Jahren nahm die über die Ufer tretende Ruhr beim Hochwasser im vergangenen Sommer ihr Heim und ihr einziges Zuhause.
Die Sonne scheint, die Kirschblüten blühen und es scheint die perfekte Idylle zu sein. Doch bei einem Spaziergang über das Gelände des „Freizeitdomizils Ruhrtal“ wird schnell deutlich, dass es hier vor ein paar Monaten noch ganz anders aussah. Man sieht Brachflächen, auf denen vorher Häuser standen und abgerissen wurden. Man sieht Bewohner mit Schaufel und Kies arbeiten, um ihre Häuser sicherer zu machen. „Hier sieht man wie hoch das Wasser gestanden hat“, sagt Andrea Rothenbusch und zeigt auf einen Holzzaun mit deutlich sichtbarerer Wasserlinie in 1,50 Meter Höhe. Sie selbst hat ein Wohnmobil auf dem Platz stehen. Ihr Freund hat seinen Hauptsitz vor Ort in einem Blockhaus, das den Fluten im vergangenen Sommer zum Opfer gefallen ist. „Heute kommt endlich der neue Estrich rein“, freut sie sich mit ihm.
Andrea Rothenbusch ist längst wichtige Schnittstelle zwischen Ruhrtal-Bewohnern und der Caritas Ennepe-Ruhr geworden. „Durch sie erfahren wir mehr über die Menschen hier vor Ort und ihre Probleme“, sagt Petra Backhoff, die gemeinsam mit ihrem Kollegen Stefan Back das Hilfsprojekt „Caritas Ruhrtal Nachbarn“ koordiniert. Und die Probleme sind vielschichtig und gehen längst über die Folgen des Hochwassers hinaus. „Viele haben hier ihre Bleibe verloren und müssen sich jetzt alles neu aufbauen. Aber darüber hinaus sind einige der Bewohner und Bewohnerinnen bereits im Rentenalter, im Vorruhestand, gesundheitlich eingeschränkt, berufsunfähig oder arbeitssuchend. Sie haben physische und psychische Belastungen und benötigen Hilfe, die über das reine Anträge stellen hinausgehen“, macht die Caritas-Mitarbeiterin deutlich.
Caritas hilft durch vernetzte Angebote
Anträge beim Land NRW für den Wiederaufbau wurden im Tiny House schon einige gestellt, „aber die Mühlen mahlen langsam“, sagt auch Andrea Rothenbusch, die kräftig mithilft. Darüber hinaus haben Petra Backhoff und Stefan Back bereits die Hilfe der Kollegen der Suchthilfe, der Hilfen für psychisch Erkrankte genauso wie der Familienhilfen in Anspruch genommen. „Gut, dass wir bei der Caritas vernetzt sind.“ Immer montags gibt es im Tiny House nun auch eine Seniorenberatung von der Stadt Hattingen.
„Wir hoffen einfach, dass dieser Treffpunkt auf dem Gelände angenommen wird. Sobald die Außenterrasse steht, möchten wir Freizeitangebote machen, um mit den Menschen hier vor Ort einfacher in Kontakt treten zu können“, sagt Petra Backhoff. Denn die ehren- und hauptamtlichen Caritas-Mitarbeiter möchten, dass das Tiny House ein Teil der Nachbarschaft im Freizeitdomizil Ruhrtal wird, ein Teil von Zuhause.
Info-Kasten:
- Auch wenn es sich beim „Freizeitdomizil Ruhrtal“ offiziell um ein Wochenend- und Urlaubsdomizil handelt, sind in den 160 Holz- beziehungsweise Blockhäusern zahlreiche Menschen mit Erstwohnsitz angemeldet.
- Das Tiny-Haus der Caritas Ennepe-Ruhr ist mit Hilfe der Caritas International, dem Hilfswerk der Deutschen Caritas, finanziert worden.