Angesichts der Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachtens und der Initiative #OutInChurch fordert Dominik Spanke, Direktor unseres Caritasverbands Ennepe-Ruhr, gemeinsam mit den Vorständen aller insgesamt zehn Ortscaritasverbände im Bistum Essen Konsequenzen.
Die katholische Kirche in Deutschland befindet sich weiterhin in einer tiefen Krise. Die Zahl der Kirchenaustritte steigt wieder stark an. Als Verantwortliche in unseren Caritasverbänden sorgen wir uns sehr um die Zukunft. Wir verstehen uns als wesentlichen, aktiven, konstruktiven Teil von Kirche. Deswegen bringen wir uns mit diesem Beitrag in die aktuellen Debatten ein.
Mit knapp 6000 Beschäftigten sind wir einer der größten katholischen Arbeitgeber in der Region. Wir genießen zumeist ein hohes Vertrauen in Bevölkerung, Politik, Verwaltung und in den Stadtgesellschaften unserer Kommunen und Kreise. Diese Reputation, die unsere Haupt- und Ehrenamtlichen jeden Tag mühevoll und mit hohem Einsatz erneut verdienen, sehen wir in Gefahr. Als katholischer Wohlfahrtsverband stehen wir für ein positives Bild von Kirche. Viele Menschen vertrauen uns und viele bleiben wegen unserer Arbeit Mitglied, so hat es die bistumseigene Studie „Kirchenaustritt – oder nicht?“ belegt.
Missbrauch konsequent aufklären, verfolgen und verhindern
Der Missbrauchsskandal und der kirchliche Umgang damit bewegen uns und unsere Mitarbeitenden. Das systematische Versagen vieler kirchlicher Verantwortlicher in der Vergangenheit stellt die Identifikation mit uns als kirchlichem Arbeitgeber mitunter auf eine harte Probe.
Wir fordern:
- dass die Kirche konsequent die Perspektive der Opfer berücksichtigt und sie in allen relevanten Prozessen einbezieht. Ihr Leid muss anerkannt werden und die Kirche muss großzügig sein bei der Entschädigung. Ferner muss die Kirche Unterstützung der Selbstorganisation der Betroffenen leisten.
- eine schonungslose Aufklärung der Missbrauchsfälle in unserem Bistum und in allen Bistümern
- das kompromisslose Ziehen von personellen Konsequenzen bei festgestellter Schuld.
Als katholische Organisationen wenden wir die strengen Präventions- und Interventionsrichtlinien an und setzen sie in unseren Institutionellen Schutzkonzepten konsequent um. Die katholische Kirche hat, wie keine zweite gesellschaftliche Kraft, in den letzten Jahren enorme Anstrengungen unternommen, um Missbrauch künftig so weit es geht zu verhindern. Diesen Weg müssen wir konsequent weiter gehen.
Missbrauch wird aber durch kirchliche Strukturen und manche Haltungen begünstigt. Das ist Ergebnis mehrerer – auch kircheneigener – Studien (zuletzt der MHG-Studie).
Deswegen setzen wir uns ein:
- für eine Teilung der Macht, wie sie innerhalb des synodalen Wegs gefordert wird
- für eine wirksame Kontrolle kirchlicher Hierarchien durch Laien(gremien)
- für die Weiterentwicklung der kirchlichen Sexualmoral, die Vielfältigkeit positiv würdigt
- für das Diakonat der Frau als Schritt für eine Gleichberechtigung von Frau und Mann in der Kirche.
Caritas steht für Vielfalt
Ein weiteres aktuelles Thema beschäftigt uns derzeit als katholische Arbeitgeber. Mit dem Comingout von 125 kirchlichen Mitarbeitenden wurde die Diskriminierung von homosexuellen und transidenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in kirchlichen Institutionen öffentlich. Auch in unseren Verbänden arbeiten Menschen mit unterschiedlichen sexuellen Orientierungen und Identitäten.
Die Caritasverbände in unserem Bistum respektieren die persönliche Lebensführung und Privatsphäre ihrer Mitarbeitenden. Dies bedeutet, dass wir keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen ziehen, sollten sich Mitarbeitende uns gegenüber zu diesem Themen erklären. Diese Haltung beruht auf der christlichen Überzeugung von der bedingungslosen Liebe Gottes zu allen Menschen in ihrer Einzigartigkeit und Vielfalt. Und sie ist bei uns bereits langjährig geübte Praxis. Die Mitarbeitenden und wir als Arbeitgeber brauchen dazu Rechtssicherheit.
Konkret fordern wir:
- eine Überarbeitung des kirchlichen Arbeitsrechts, damit die Diskriminierung von homosexuellen und queeren Mitarbeitenden beendet wird
- und ferner die kirchliche Segnung homosexueller Paare und Menschen.
Wir setzen uns ein für eine Kirche ohne Angst, für eine Kirche der Vielfalt. Wir hoffen, dass durch die Debatte um #OutInChurch die Wege für konkrete Veränderungen innerhalb der Kirche geebnet sind.
Bitte, bleiben Sie!
Wir begrüßen und unterstützen ausdrücklich die Haltung und Aussagen, die unser Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck und Generalvikar Klaus Pfeffer in der öffentlichen Debatte derzeit einnehmen. Wir sehen unser Bistum Essen auf einem guten Weg und unterstützen diesen nach unseren Möglichkeiten.
Alle, die in der Kirche sind, bitten wir: Bleiben Sie! Obwohl es viele nachvollziehbare Gründe und Anlässe gibt, zu gehen. Mit jedem Austritt wird aber auch unsere Arbeit mit Wohnungslosen, Prostituierten, Menschen mit Behinderung, Schwangeren oder Sterbenden geschwächt.
Caritas heißt Nächstenliebe. Wir stehen für eine Kirche, die konsequent menschlich ist. Wir leben die frohe Botschaft des Glaubens an einen Gott, der jede und jeden bedingungslos liebt. Das ist unser kirchlicher Auftrag. Diesen setzen wir in der Arbeit mit Benachteiligten und Menschen in Not in konkrete Tat um. Jeden Tag. Damit das auch in Zukunft gelingt, brauchen wir Veränderungen in unserer Kirche, an denen wir aktiv mitwirken.
Initiiert und getragen von den Vorständen der 10 Ortscaritasverbände im Bistum Essen:
Caritasverband für das Kreisdekanat Altena-Lüdenscheid e.V.
Stefan Hesse
Caritasverband für Bochum und Wattenscheid e.V.
Hans-Werner Wolff
Caritasverband für die Stadt Bottrop e.V.
Dr. Andreas Trynogga
Caritasverband Duisburg e.V.
Petra Keysers und Ulrich Fuest
Caritasverband Ennepe-Ruhr e.V.
Dominik Spanke
Caritasverband für die Stadt Essen e.V.
Prof. Dr. Björn Enno Hermans
Caritasverband für die Stadt Gelsenkirchen e.V.
Peter Spannenkrebs
Caritasverband Gladbeck e.V.
Andrea Raffenberg und Rainer Knubben
Caritasverband Mülheim an der Ruhr e.V.
Regine Arntz und Martina Pattberg
Caritasverband Oberhausen e.V.
Michael Kreuzfelder und Detlef Nitsch
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